Begrenzter Raum - begrenzte Möglichkeiten? RAMONA Abschlusskonferenz

Sechs Menschen sitzten nebeneinander auf einer Bühne. Ein weiterer Mann steht links, gestikulierend mit Blick zu den Menschen und gleichzeitig zum Raum vor der Bühne.
Eine Bildwand ist zu sehen auf die eine PPT-Foilie projiziert ist, worauf steht: "Begrenter Raum - begrenzte Möglichkeiten?" Ein Mann steht darunter auf einer Bühne, dem sitzende Zuschauer:innen ansehen.
Eröffung der RAMONA-Abschlusskonferenz, Foto: Roxanne Geier

In dicht besiedelten Ballungsräumen konkurrieren unterschiedliche Raumnutzungsansprüche um die knapper werdende Fläche. Zusätzlich sind Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild durch entsprechende Maßnahmen zu kompensieren. Diese Art von Ausgleich führt jedoch oft zu unbefriedigenden Lösungen. Dieser Problematik hat sich das Forschungsprojekt RAMONA gestellt. Dafür haben sich sieben Partner aus Wissenschaft und Praxis zusammengefunden: Die RWTH Aachen, die Universität Hohenheim, die Flächenagentur Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart, die Städte Stuttgart und Filderstadt sowie der NABU Stuttgart e. V.. Die Abschlussveranstaltung war ein voller Erfolg!

Impulsvorträge aus Wissenschaft und Praxis zu nachhaltiger Raumplanung

Wolfgang Reimer, Vorsitzender der Agrarsozialen Gesellschaft und ehemaliger Amtschef im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), betonte, dass Nutzungskonflikte überall bestehen, aber generell auch lösbar sind. Allerdings erfordert es auch Umdenken der Konsumstrukturen in Industrieländern. Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, wies auf die Problematik des weiter steigenden Flächendrucks in der Region Stuttgart hin. Neue Impulse aus der Forschung wie aus dem Projekt RAMONA sind notwendig und werden auf politischer Ebene berücksichtigt. Der Oberbürgermeister der Stadt Filderstadt, Christoph Traub, betonte die Herausforderungen einer Kommune, die zwischen urbanem Zentrum und Übergang in den ländlichen Raum liegt. Er stellte auch den Erkenntnisgewinn von Filderstadt im Themenkomplex Kompensation durch die Mitarbeit im RAMONA Forschungsprojekt heraus. Prof. Dr. Ingo Graß vom Fachgebiet Ökologie Tropischer Agrarsysteme an der Universität Hohenheim zeigte Chancen auf, wie Biodiversität auch im urbanen Kontext stärker gefördert werden kann: Ziel von „Animal-Aided-Design“ ist eine Anpassung der Stadtentwicklung an ökologischen Bedürfnissen von Arten.

Ergebnisse aus dem Projekt RAMONA

Dr. Martin Maier von der Flächenagentur Baden-Württemberg und Stefanie Clauß vom Verband Region Stuttgart stellten RAMONA-Ansätze zu „Kompensation mit Mehrwert für die Regionalentwicklung – Theorie und Praxis“ vor. Darauf folgten Ulrike Greifenhagen-Kaufmann von der Stadt Stuttgart und Dr. Christian Sponagel von der Universität Hohenheim mit Ergebnissen zum Thema „Kommunen und Landwirtschaft – nachhaltige Landnutzung durch Kooperation?“. Prof. Dr. Claudia Bieling von der Universität Hohenheim stellte abschließend die übergeordneten Empfehlungen aus dem Projekt RAMONA für eine nachhaltige Landnutzung unter veränderten Rahmenbedingungen dar.

Kompensation mit Mehrwert als Chance für die Freiraumentwicklung

RAMONA möchte erreichen, dass Kompensation künftig mit Mehrwert umgesetzt wird. Das bedeutet, dass über die reine rechtliche Kompensationsverpflichtung hinaus, eine Maßnahme zusätzlichen Nutzen schafft. Mehrwert wird in dieser Hinsicht aus räumlicher, funktionaler und prozessualer Perspektive verstanden. Ein räumlicher Mehrwert wird dann erreicht, wenn Maßnahmen beispielsweise in überregionale Planungen integriert werden oder Einzelmaßnahmen gebündelt und vernetzt werden. Multifunktionalität ist ein zweiter wichtiger Baustein. Die Maßnahmen sollten idealerweise mehrere Nutzungsansprüche auf einer Fläche bündeln, z. B. könnten sie auch gleichzeitig dem Hochwasserschutz dienen, für den ansonsten weitere Flächen hätten herangezogen werden müssen. Zudem können durch produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen landwirtschaftliche und naturschutzfachliche Belange gleichzeitig adressiert werden. Dies erfordert jedoch auch die Beteiligung von entsprechenden Akteuren wie der Landwirtschaft im Planungsprozess, was unter anderem Ziel des prozessualen Mehrwerts sein sollte. In diesem Kontext ist zudem eine vorausschauende Planung wichtig.

Kooperationspotenzial zwischen Landwirtschaft und Naturschutz stärker nutzen

Eine bundesweite Befragung unter landwirtschaftlichen Betrieben zeigte eine generelle Akzeptanz für freiwillige Kompensationsmaßnahmen, wobei die produktionsintegrierte Kompensation am ehesten befürwortet wurde. Die Notwendigkeit einer grundbuchrechtlichen Sicherung führt insbesondere bei produktionsintegrierter Kompensation zu einer deutlich geringeren Akzeptanz bzw. hohen Kosten der Maßnahmenumsetzung. Dies steht dem Ziel einer multifunktionalen Landnutzung entgegen. Alternative Formen der rechtlichen Sicherung wie die institutionelle Sicherung werden bundesweit empfohlen. Zudem werden einheitliche (z. B. landesweite) Leitlinien für die Bewertung von produktionsintegrierter Kompensation unter Berücksichtigung lokaler Landschaftsräume, z. B. in Ökopunkten, benötigt. Generell sollten freiwillige Maßnahmen priorisiert werden, die eine hohe Akzeptanz aufweisen und gleichzeitig die Pflege und Unterhaltung der Maßnahme sicherstellen.

Minimierung und Vermeidung von Eingriffen

Neun Punkte wurden als Handlungsempfehlungen aus dem Projekt an die Politik formuliert wurden. Vordergründig stand dabei die Setzung von Anreizen zur Minimierung und Vermeidung von Eingriffen im Fokus, da eine umfassende und vollwertige Kompensation dieser selbst bei bestmöglicher Umsetzung nicht immer erreicht werden kann.

Kompensation mit Mehrwert erfordert finanzielle Mittel und Transparenz

Ausreichende finanzielle Mittel sind zur Erhöhung der personellen Kapazität im Kompensationsmanagement auf kommunaler Ebene sowie der Schaffung von fachlichen Aus- und Weiterbildungsprogrammen wichtig. Auch der ehrenamtliche Naturschutz könnte stärker eingebunden werden, was aber auch eine aktuelle und öffentlich zugängliche Datenbank zu Kompensationsmaßnahmen erfordert.

Vorausschauende Planung und öffentliches Bewusstsein

Eine übergeordnete und vorsorgende Planung könnte die Qualität der umgesetzten Maßnahmen erhöhen, denn häufig fehlen langfristige Entwicklungsstrategien auf kommunaler Ebene. Kompensation sollte außerdem auch im Innenbereich stärker umgesetzt werden, was die Brücke zur „Grünen Stadt“ und Biodiversität im urbanen Raum schlägt. Am Ende ist auch die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für die Mehrwerte, die durch Kompensation entstehen, essentiell. Gute Beispiele bringen das Thema Kompensation auch stärker in die öffentliche Aufmerksamkeit.

Podiumsdiskussion betont die politische Relevanz der Thematik

Den Abschluss der Konferenz bildete eine Podiumsdiskussion, in deren Rahmen die anfangs genannten Herausforderungen sowie die Lösungsansätze von RAMONA nochmals reflektiert wurden. Viele Ansätze werden bereits von der Politik aufgegriffen, z. B. eine Applikation zur Auffindung von Kompensationsmaßnahmen. Viele genannte Aspekte tangieren zudem den Bereich der kommunalen Planungshoheit, was zusätzliche Hürden mit sich bringt. Multifunktionale Ansätze wie die produktionsintegrierte Kompensation müssen weiterentwickelt werden, damit sie langfristig eine Chance haben. Kompensation muss als Chance zur Schaffung von Lebensqualität im urbanen Raum verstanden und genutzt werden. Dies ist auch für die Standortattraktivität der Region Stuttgart und andere Ballungsräume enorm wichtig. Die RAMONA-Thematik tangiert in diesem Kontext zahlreiche aktuelle politisch relevante Themenfelder wie Biodiversitätsverlust, Anpassung an den Klimawandel, Transformation der Energiewirtschaft, aber auch veränderte gesellschaftliche Strukturen. Auch über die Projektlaufzeit hinaus sollten die Ansätze nun verstetigt werden, was unter anderem der Verband Region Stuttgart als Praxispartner in RAMONA anstrebt.

Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie auf der Webseite des Verbundvorhabens.

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