BBSR veröffentlicht Ergebnisse zu Bauland- und Innenentwicklungspotenzialen in Deutschland

Die Abbildung zeigt den Bau von Wohnhäusern in Baulücken.
Die Abbildung zeigt den Bau von Wohnhäusern in Baulücken.
Die Erfassung von Bauland- und Innenentwicklungspotentialen ist eine wesentliche Grundbedingung für ein zielgerichtetes und nachhaltiges Flächenmanagement in Städten und Gemeinden.

Der flächenbezogene Untersuchungsrahmen der Baulandumfrage 2020 als bundesweit repräsentative Stichprobe zu Bauland- und Innenentwicklungspotenzialen umfasst die drei Hauptkategorien Innenentwicklungspotenziale, weitere baureife Baulandreserven mit gesicherter Erschließung sowie zusätzliche langfristige Baulandpotenziale (Rohbauland und Bauerwartungsland).

Aus den Ergebnissen lassen sich Innenentwicklungspotenziale (IEP) von bundesweit mindestens rund 84.000 ha hochrechnen, was, bezogen auf Einwohnerinnen und Einwohner (EW), ca. 10 m²/EW entspricht und, bezogen auf die Siedlungsfläche, rund 4 % der Siedlungsfläche für Wohnen, Industrie und Gewerbe (WIG). Der aktuelle Wert bedeutet einen Rückgang um rund 36.000 ha im Vergleich mit den im Ergebnis der Erhebung von IEP im Jahr 2012 (vgl. BBSR 2014). Knapp 40 % der IEP entfallen auf Brachflächen und gut 60 % auf Baulücken. Da die Angaben der Befragten zu IEP auf Grundlage vorliegender Daten tendenziell höher liegen als bei geschätzten Angaben, lässt sich durch eine Korrekturschätzung ein oberer Schätzwert für IEP von rund 106.000 ha ermitteln. Dieser Wert lag 2012 bei etwa 165.000 ha.

Auf dem für Wohnen vorgesehenen Flächenanteil und unter ausschließlicher Berücksichtigung des direkt nutzbaren oder kurzfristig mobilisierbaren Anteils des Gesamt-Baulandpotenzials von 99.000 ha ließen sich theoretisch zwischen ca. 900.000 und 2.000.000 Wohneinheiten realisieren (bei einer konservativ geschätzten Dichte von 25 Wohneinheiten (WE) pro Hektar). Das Wohnbaupotential könnte theoretisch auf mehr als 4.000.000 WE steigen, je nach Annahmen, z.B., Berücksichtigung längerfristiger Potenziale, Annahme höherer Dichten, was jedoch einen erheblichen Wandel aktueller Planungsrealitäten und von Nachfrage-Präferenzen erfordern würde. Auffällig ist insbesondere der durchgängig höhere Flächenbedarf für Ein- und Zweifamilienhäuser: Während rund 75 % des angegebenen zusätzlichen Flächenbedarfes für Wohnen auf diese Wohnform entfällt, sind es nur 25 % auf den Geschosswohnungsbau.

Gegenüber der IEP-Studie von 2012 zeigt sich eine gestiegene Bedeutung von Maßnahmen der Innenentwicklung, wobei das Thema „doppelte Innenentwicklung“ gegenüber 2012 an Bedeutung verloren hat. Deutliche Fortschritte zeigen sich bei der Verbreitung von Maßnahmen der Flächenerfassung. Während 2012 nur etwa 30 % der Städte und Gemeinden eine flächendeckende Erfassung für die am häufigsten erfasste Kategorie der Baulücken angegeben haben, sind es heute insgesamt rund 50 %.

Dem Thema Baulandpotenzialerfassung wird von Bundesland zu Bundesland ganz unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Obwohl in elf von 16 Bundesländern grundsätzlich Datenbanksysteme zur Baulanderfassung auf kommunaler Ebene zur Verfügung, variiert deren Nutzung sehr stark. Hierfür gibt es unterschiedliche Ursachen, z. B. sind die Tools nur in einigen Ländern verpflichtend, beispielsweise um der Regionalplanung die Notwendigkeit von neuen Wohnbaugebieten nachzuweisen (Rheinland-Pfalz) oder für Förderanträge (Thüringen). Einige System befinden sich noch im Aufbau oder sind bereits veraltet, was dazu führen kann, dass Städte und Gemeinden sie kaum nutzen und eher auf eigene modernere Systeme zurückgreifen. Neue Initiativen, um die Kommunen dabei zu unterstützen, die Anforderungen an das Flächenmanagement mit modernen Methoden und Systemen zu bewältigen, sowie einheitlich festgelegte Begriffe und Kategorien wären hilfreich.

Bei den rechtlichen Instrumenten wird die höchste Bedeutung qualifizierten Bebauungsplänen beigemessen, danach folgen der Bebauungsplan der Innenentwicklung gemäß § 13a BauGB sowie das beschleunigte Verfahren für Außenbereichsflächen nach § 13b BauGB. Maßnahmen nach § 13b BauGB sind insbesondere für Kleinstädte und Landgemeinden von großer oder relevanter Bedeutung, in den Großstädten eher nachrangig. In Bezug auf allgemeinere Strategien der Wohnbaulandentwicklung wird insbesondere der klassischen Angebotsplanung große Bedeutung zugeschrieben, weiterhin folgen die Entwicklung gemeindeeigener Flächen durch die Gemeinde sowie privater Flächen durch private Akteure aufgrund eines städtebaulichen Vertrags oder eines vorhabenbezogenen B-Plans. Die Wohnbaulandentwicklung in interkommunalen Kooperationen spielt derzeit fast gar keine Rolle. Die gezielte Ansprache der Flächeneigentümerinnen und -eigentümer ist laut Umfrage der bei weitem häufigste Ansatz, da die Kooperationsbereitschaft der Eigentümerinnen und Eigentümer eine häufig thematisierte Voraussetzung und manchmal auch Hürde ist.

Bei einem Blick in andere Länder zeigte sich, dass in allen Staaten mit Regionen im strukturellen Wandel die Revitalisierung von Industriebrachen und Gewerbeflächen (brownfields) im Vordergrund steht, aber auch die Nutzung von Baulücken und die Vermeidung Leerständen sind wichtige Themen. Interessante Ansätze sind z.B. der „Call-for-Sites“-Ansatz in Großbritannien, bei dem nicht nur Flächen-Eigentümerinnen und -Eigentümer, sondern explizit auch die breite Bürgerschaft angesprochen wird, Flächenpotenziale zu melden, für die eine Entwicklungsnotwendigkeit oder -eignung angenommen wird. Das „Brownfield-Program“ der US-amerikanischen Umweltbehörde (EPA) ist ein internationales Beispiel für eine finanzielle Unterstützung von Kommunen bei der systematischen Aktivierung von ungenutzten Bestandsflächen. Das Schweizer Raum+-Verfahren bietet auf kantonaler Ebene ein Beispiel für überregionale Initiativen als Grundlage für Strategien und Kooperationen der Flächenentwicklung oberhalb der kommunalen Ebene.

Zentrale Herausforderung der Städte und Gemeinden bei der Etablierung eines erfolgreichen Flächenmanagements ist jedoch der Aufbau von qualifiziertem Personal. Eine umfassende Kenntnis der vorhandenen Flächenpotenziale ist und bleibt eine wesentliche Grundbedingung eines zielgerichteten Flächenmanagements, unabhängig von der jeweiligen lokalen Situation. Städte und Gemeinden mit entsprechender Datenerfassung haben ihre Flächenpotenziale vollständiger im Blick. Um insbesondere in kleineren Städten und Gemeinden den bestehenden Kapazitätsproblemen abzuhelfen, erscheint die Unterstützung übergeordneter Initiativen und Angebote der Bauland- und Flächenerfassung sinnvoll.

Mehr Informationen zur Baulandumfrageg 2020 finden Sie hier oder in der Storymap hier. Die Broschüre (52 Seiten) mit den zentralen Ergebnissen sowie den wissenschaftlichen Bericht mit ausführlicheren Informationen zu Erhebung und Ergebnissen finden Sie hier in unseren Lesetipps.

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