SLP-Workshop “Variable Governance”

Was sind erfolgreiche Mechanismen für einen fairen Interessenausgleich und geeignete Organisationsformen für stadtregionale Entwicklungsprozesse? Der Workshop rückt diese beiden Fragen unter dem Leitbegriff „Variable Governance“ in den Fokus und diskutiert sie unter Einbeziehung guter Beispiele.

Mit dem Workshop wird die Diskussion zum Querschnittsthema „Governance – Mechanismen für stadtregionale Entwicklungsprozesse ausbilden“ fortgesetzt und vertieft.

Beim letzten Workshop zum Querschnittsthema am 19. Mai 2020 wurde deutlich, dass die Governance-Strukturen in den Vorhaben nach deren Selbsteinschätzung noch verbessert werden müssen und u.a. noch großer Diskussionsbedarf bei Mechanismen für einen fairen Interessenausgleich und bei geeigneten Organisationsformen gesehen wird (siehe Dokumentation hier).

Der aktuelle Workshop rückt diese beiden Fragen unter dem Leitbegriff „Variable Governance“ in den Fokus unter Einbeziehung guter Beispiele.

Programm und Hintergrund

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Dokumentation

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Begrüßung und Einführung
Gruppenbild

Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie begrüßt die Teilnehmer*innen im Namen des Querschnittsvorhabens und stellt das Programm des Online-Workshops sowie die Ziele, Projektcluster und Querschnittsthemen des wissenschaftlichen Querschnittsvorhabens Stadt-Land-Plus vor.

Sie betont insbesondere den Erfahrungsaustausch im Mai 2020 zum Thema Governance, an den mit diesem Workshop angesetzt wird. Dafür werden vor allem Stadt-Land-Plus-Verbundprojekte von unterschiedlichen Kooperationsfeldern, Akteurskonstellationen und Organisationsformen berichten. Im Anschluss wird genügend Raum zur Diskussion von Herausforderungen und Chancen sein.

Über eine Mentimeter-Umfrage wird die Zusammensetzung der Teilnehmenden abgefragt.

  • Sind Sie Vertreter*in aus…
  • Welches sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für eine effiziente Governance?
  • Welche Akteursgruppen stehen bei Ihnen im Fokus?

Zur Einführung in die Veranstaltung erläutert Dr. Michael Melzer, Institut Raum & Energie, dass unter „variabler Governance“ eine Organisation der kooperativen Bearbeitung wichtiger Zukunftsaufgaben sowie zur gemeinsamen Steuerung und Erbringung dafür notwendiger Leistungen zu verstehen sei, die je nach Themenfeld oder räumlicher Bearbeitungsebene „variabel“ sei, koordiniert durch eine übergreifende regionale Organisation. Damit ermöglicht „variable Governance“ auch eine Teilantwort auf die bisher offene Frage nach einer idealen Governance-Form.

Impulsvortrag "Regional Governance" - Chancen und Herrausforderungen am Beispiel der Region Köln/Bonn
Dr. Reimar Molitor

Dr. Reimar Molitor, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Region Köln/Bonn e.V., Geschäftsführer der REGIONALE 2025 Agentur

Als Herausforderungen nennt Dr. Reimar Molitor Themen wie Wohnbauentwicklung, GE/GI-Entwicklung, (Binnen-)Mobilität, Klimawandel oder Strukturwandel im „Rheinische Revier“. Ver-gleichbar mit einem Arztbesuch teilt Dr. Reimar Molitor diese nach Befund, Diagnose und Therapie ein. Auf die Region Köln/Bonn runtergebrochen, laute „der Befund“: Es liegt eine räumliche Umbruchsituation vor, die mit transsektoralen Herausforderungen einhergeht. Es muss der „Sprung nach vorne“ statt der Fortschreibung des Prozesses in der Region gewagt werden. Die „Diagnose“ zeigt auf, dass LEP und Regionalplanprozesse eine strategische Auseinandersetzung der Kommunen, Kreise und Region als Ganzes mit ihrer mittelfristigen räumlichen Entwicklung vorsieht. Als „Therapie“ wird vorgeschlagen, Zielszenarien eines holistischen guten Raumzustandes aufzubauen, der dann gemanagt wird. Zudem ist eine Umsetzungsorientierung von großer Bedeutung, wofür entsprechende finanzielle Mittel erforderlich sind.

Als Chance für die Region Köln/Bonn sieht Dr. Molitor das vertikale und horizontale Regionalmanagement (siehe Präsentation). Dieses funktioniert nach dem Top-down Prinzip und könne wie ein Haus graphisch dargestellt werden. Im Dach befinden sich „Strategien und Konzepte“, im 1.OG „Interkommunale und teilregionale Kooperationen“, im EG „Projekte vor Ort“ und im Keller die „Positionierung und Vernetzung“ sowie die „Aus- bzw. Weiterbildung der Verwaltung“. Vor allem „im Keller“ ist die Region Köln/Bonn e.V. als Berater auch für Fördermittel tätig und habe eine determinierende Wirkung. In vielen Fällen suche die Region Köln/Bonn e.V. gezielt Akteure auf, um Projekte vor Ort zu voranzutreiben.

Zusätzlich erwähnt Dr. Reimar Molitor, dass eine Verknüpfung von unternehmerischer und räumlicher Strategie eine Chance für die Region Köln/Bonn sei. Diese wird in einem Agglomerationskonzept verfolgt, welches alle zwei bis drei Jahre modifiziert wird. Dafür werden Akteure je nach Themenfeld variabel eingebunden. Zum Abschluss betont er, dass der Dreiklang zwischen

  • einer programmatischen Aussage,
  • einer räumlichen unternehmerischen Zielstrategie und
  • den dazugehörigen Projekten (diffundiert und adaptiert)

vorhanden sein muss.

 

Kommentare aus Stadt-Land-Plus:

Dr. Thomas Zimmermann

Dr. Thomas Zimmermann, HafenCity Universität Hamburg, StadtLandNavi

Um auf Variabilität zukünftiger Entwicklungen reagieren zu können, bedarf es entsprechender Werkzeuge, wie die Antizipation mit Szenarien oder die Ermöglichung von Reaktionen durch Monitoring. Eine erfolgreiche Stadt-Umland-Governance erfordere heterogene Bestandteile in unterschiedlichen Prozessen. Diese müssen miteinander verbunden werden und sich nicht nur auf die Akteure beschränken, sondern unterschiedliche heterogene Bestandteile verbinden. Governance-Gefüge bieten eine Perspektive, um Variabilität realistisch zu erfassen. Sie verdeutlicht, dass Variabilität und Starrheit wechselseitig miteinander verflochten sind.

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Prof. Dr. Thomas Weith, ZALF, ReGerecht

In Schwerin seien bei ReGerecht vor allem regionale Kompensationsflächen ein Diskussionsthema. Hilfreich könnte es sein, über das Thema Gerechtigkeit mit Fokussierung auf Tauschgerechtigkeit eine „andere“ Perspektive der Akteure auf Kompensation zu erlangen. Neben dem Umgang mit WIN-WIN und WIN-LOSE Situationen sei eine Auseinandersetzung mit vorhandenen (informellen) Strukturen (Wie weit kann ein Forschungsprojekt vorhandene Strukturen weiterentwickeln? Bzw. wie weit verhindern vorhandene Strukturen die Entwicklung?) notwendig.

Vorstellung von Beispielen unterschiedlicher Kooperationsfelder, Akteurskonstellationen und Organisationsformen

Öffentliche Daseinsvorsorge und Ehrenamt

Input: Sabine Jennert, Regionalmanagerin SPESSARTregional, MORO Netzwerk Daseinsvorsorge „Partnerschaften aus öffentlichen und privaten Akteuren“

SPESSARTregional ist eine lokale Aktionsgruppe und arbeitet auf der Basis eines regionalen Entwicklungskonzeptes. Seit 2008 ist es eine anerkannte LEADER-Förderregion, mit einem Zusammenschluss von kommunalen Partnern (14 + Main-Kinzig-Kreis) und WiSo-Partnern (u.a. Organisationen, Verbände, Unternehmen). Nach dem Bottom-up-Prinzip werden konzeptionelle Grundlagen regional erarbeitet. Einen Schwerpunkt bilden Leitprojekte, die durch das Regionalmanagement besonders und aktiv verfolgt werden.

Die Vergabe von Fördermitteln werden nach paritätischem Prinzip (50:50) zwischen kommunalen und WiSo-Partnern im LEADER-Entscheidungsgremium vergeben. Eine Besonderheit hierbei ist, dass alle Mitglieder von SPESSARTregional im LEADER-Entscheidungsgremium vertreten sind. In fünf Handlungsfeldern (Tourismus & Naherholung, Landschaft & Energie, Wohnraum & Leben, Mobilität, Digitale Infrastruktur) schlägt die SPESSARTregional „die Brücke zwischen der Metro-polregion und dem ländlichen Raum“. Eine andere Besonderheit ist das sogenannte „OP-Team“. Diese „Operative Arbeitseinheit“ wurde 2012 im Rahmen des MORO-Aktionsprogramms „Regionale Daseinsvorsorge“ zur Steuerung des Gesamtvorhabens eingeführt. Regelmäßiger Austausch und Abstimmung von Strategien, Projekten und Maßnahmen zwischen Kreis, SPESSARTregional, IHKs, Tourismus und anderen Fachabteilungen/Organisationen stehen auf der Agenda. Das „OP-Team“ ist besonders wertvoll für die Vorbereitung von Modellvorhaben, Organisation von Beteiligungen und Finanzierungen.

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Kommentar aus Stadt-Land-Plus:
Kommentar/Input: Dr. Andreas Pätz, WWG Königswinter, NEILA

NEILA verfolgt die Ziele, die Wohnbau- und Landschaftsentwicklung zu regionalisieren, Gewerbeflächen interkommunal zu planen und einen Ausgleich zur Verteilung von Lasten und Nutzen für unterschiedliche Entwicklungen zu schaffen. Dafür hat das Projekt folgende Strukturen aufgebaut: regelmäßige Verbundpartnertreffen, Projektsteuerungsgruppe (kommunale Vertreter*innen), Lenkungsgruppe (Bürgermeister*innen), um gemeinsam Maßnahmen zu diskutieren, zu beschließen und weiterzuentwickeln. Zudem hat NEILA einen Fachbeirat ins Leben gerufen, der die unter-schiedlichen Interessensgruppen je nach Themenfeld und Fragestellung einbindet. Dem Fachbeirat gehören u.a. die Regionalplanung, der Region Köln/Bonn e.V., IHKs, Handwerkskammern sowie Verkehrs- und Umweltverbände an. Ziel ist es, mit dem Fachbeirat durch deren Inputs und Rückmeldungen unterschiedliche Blickwinkel für das Projekt zu gewinnen und zu integrieren. So werden formelle Strukturen bereits während der Projektlaufzeit eingebunden und informiert. Wichtig ist, mit guter Kommunikation (damit sei auch ein „geeigneter Charakter/Persönlichkeit“ gemeint) „alle Beteiligten und Betroffenen“ gerecht einzubinden.

Wirtschaftsverbände und Unternehmen
Dr. Patricia Schläger-Zirlik

Input: Dr. Patricia Schläger-Zirlik, Metropolregion Nürnberg, „Ein Schiff mit zwei Segeln“

In der großräumigen Stadt-Land-Partnerschaft werden eine formulierte Mission und strategische Ziele gemeinsam verfolgt. In der zu Beginn unterzeichneten Charta sind (feste) Spielregeln der Zusammenarbeit formuliert. Besonders relevant seien Subsidiarität (d.h. nur Themen werden auf-genommen, die nicht besser auf anderer regionaler Ebene bearbeitet werden können) und das Agieren auf gleicher Augenhöhe (d.h. Vertreter*innen haben gleiches Stimmengewicht). Die frei-willige Allianz der Metropolregion Nürnberg bearbeitet keine hoheitlichen Aufgaben, weshalb alle Aktivitäten sehr intensiv in den Governance-Strukturen abzustimmen sind.

Bildlich wird die Governance-Struktur der Metropolregion Nürnberg als „Schiff mit zwei Segeln“ dargestellt. Wichtig ist vor allem der „Rumpf des Schiffes“. Dies sind acht Fachforen, die sich fachspezifisch mit bestimmten Themenfeldern auseinandersetzen und mit unterschiedlichen Akteuren (u.a. Verwaltung, Unternehmen, öffentliche Strukturen) besetzt sind. Jedes Fachforum hat ein Leitungsgremium, zusammengesetzt aus politischer und fachlicher Vertretung sowie Geschäftsführung. Die Leitungsgremien der Fachforen bilden zusammen mit dem Vorsitz aus Politik („Rat der Metropolregion Nürnberg“) und Wirtschaft („Wirtschaft für die Metropolregion Nürnberg e.V.“) den Steuerungskreis (oder auch „Mast des Schiffes“). Die Wirtschaft für die Metropolregion Nürnberg e.V. ist in einem Förderverein organisiert, bestehend aus ca. 160 Unternehmen inkl. ca. 30 „Leuchtturm-Unternehmen“. Im Steuerungskreis herrscht das Paritäts- und Konsensprinzip, „im Zweifel hat die Politik das letzte Wort“.

Wichtig für die Governance sei, dass die Struktur sehr agil und durch eigene Geschäftsstellen der Fachforen dezentral organisiert ist. Zudem bilden Netzwerke wie beispielsweise Wirtschaftsförderungen, Bildungsmanagement und Klimaschutz anlassbezogene und dauerhaft verbindende Strukturen, die agiles und flexibles Reagieren auf Herausforderungen ermöglicht. Zudem werden für Projekte bestimmte Akteure (auch zivilgesellschaftliche Akteure) zusammengebracht. Auch dies wird durch eine agile Struktur ermöglicht.

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Landwirtschaft und Naturschutz
Prof. Dr. Claudia Bieling

Input: Prof. Dr. Claudia Bieling, Universität Hohenheim, RAMONA

Der zunehmende Druck auf die Ressource Land insbesondere in wirtschaftsstarken Großstädten/Stadtregionen liegt im Fokus von RAMONA. Ziel ist es, herauszuarbeiten, wie eine voraus-schauende, integrierende Planung sowie eine bessere Kooperation aller Beteiligten gelingen kann. Aus der bisherigen Projektarbeit nimmt Professorin Dr. Bieling mit, dass die Bereitschaft, sich auf einen ergebnisoffenen Prozess einzulassen, eine große Herausforderung für Verbände sei; hieran scheitere Beteiligung u.U. schon in der Projektvorbereitungsphase. Darüber hinaus spielen persönliche Kontakte eine erhebliche Rolle. Schwierig sei es, dass bei Beteiligung oft eine rein kommentierende Rolle eingenommen werde, was bei Projektpartnern als unbefriedigend empfunden werde. Reflektierend nehme sie daher folgende Punkte mit: Empfehlenswert sei es, eine realistische, relativ geringe Erwartungshaltung einzunehmen. Ziele und Produkte sollten so definiert werden, dass Verantwortlichkeiten über das Kommentieren hinausgehen, aber inhaltlich und vom Format innerhalb der Expertise der Beteiligten liege. Eine Koordinationsstelle muss gut ausgestattet sein und sollte mit erheblichen Ressourcen und hochqualifizierter personeller Besetzung „ausgestattet“ werden.

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Prof. Dr. Frank Lohrberg

Prof. Dr. Frank Lohrberg, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, RAMONA und CoProGruen (Kommunen innovativ)

CoProGrün („Co-Produktionen für grüne Infrastruktur und nachhaltigen Ausgleich“), ein bereits abgeschlossenes BMBF-Forschungsprojekt aus dem Programm „Kommunen innovativ“, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Untersucht wurde die Transformation auf der Ebene von Co-Produktion am Beispiel von Grünzügen im „Östlichen Emschertal“. Zentral war dabei die Zusammenarbeit von Kommunen mit der lokalen Wirtschaft, insbesondere der Landwirtschaft und der zivilgesellschaftlich organisierten Bürgerschaft. Zudem wurde analysiert, wie Kommunen die Unterstützung von Co-Produktion mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft in ihre alltägliche Praxis einbinden können. Hilfreich sei es gewesen, mehrere Netzwerke zu spannen, um die „richtigen“ Akteure zu finden und in die Thematik einzubinden. Wichtig sei es, zu analysieren, wo die Akteure „stehen“ und dort „abgeholt“ werden. Dies erfolgte im Forschungsprojekt durch Coaching, in welchem sie u.a. Beratung zu Organisationsmodellen, Unterstützung bei rechtlichen Fragen oder Wirtschaftlichkeitsberechnungen anboten. Professor Dr. Lohrberg merkt aus Sicht von CoProGrün an, dass Grünzüge durch Co-Produktion vom Verwaltungsobjekt zu einem lebendigeren, resilienteren Stadtraum werden können. Zudem erfordern Multi-Akteursansätze Agilität, die deutlich über kommunale Verwaltungsstandards hinausgehen. Abschließend wird festgehalten, dass es weder bei landwirtschaftlichen noch bei kommunalen Akteuren ausreichendes Schnittstellenwissen gäbe. Eventuell könne von der Wirtschaftsförderung gelernt werden, die bereits viele unterschiedliche Netzwerke anspricht und verschiedene Gesprächskulturen innehat.

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Kommentar aus Stadt-Land-Plus:

Andreas Obersteg, HafenCity Universität Hamburg, KOPOS

  • Mit welchem Ziel werden Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz in das Vorhaben einbezogen?

Die Ausgangsüberlegung von KOPOS ist, dass für eine nachhaltige Entwicklung einer Stadt-Land-Region eine nachhaltigere Landwirtschaft in ein regionales Ernährungssystem eingebettet werden muss. Dies sei jedoch nur durch enge Einbeziehung von Akteuren aus Landwirtschaft und Naturschutz erreichbar, die somit auch bei KOPOS zentrale Akteure sind.

  • In welcher Form werden Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz im Projekt in eine Governance/Abstimmung einbezogen?

In zwei Handlungsfeldern werden diese Akteure eingebunden: Kurze Wertschöpfungsketten (Ak-teure entlang der „kurzen Kette“ in der Region Freiburg i.B.) und Flächenzugang/ -sicherung (Akteure mit Bezug zum Thema Fläche (Verpächter, Pächter)). Die Akteure werden in die beiden Regionalen Praxislabore (als zentrale Kooperationsplattformen) in Freiburg und Berlin-Brandenburg im Rahmen von Exkursionen und Workshops eingebunden. Zudem schiebt KOPOS Pilotprojekte mit ganz konkreten Themen an, bei denen weitere Akteure („Schneeballprinzip“) eingebunden und unterstützt werden.

  • Inwiefern entsteht dabei eine „Mehrebenengovernance“ bzw. eine variable Governance, die eine Gesamtsteuerung variabel mit thematisch und teilräumlichen fokussierten Organisationsformen kombiniert?

Mehrebenengovernance bzw. variable Governance soll themenbezogen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und einem regionalen Ernährungssystem weiterentwickelt bzw. unterstützt werden. Bisher fehlen häufig kommunale und vor allem regionale Strategien im Bereich Ernährung bzw. ist das Thema in anderen Strategien unterbeleuchtet (Klimaschutz, Nachhaltigkeitsstrategien). Ziel ist es, die Zusammenarbeit langfristig horizontal, vertikal und in Verbindung zu anderen Themen (Bildung, Soziales, Klima etc.) zu unterstützen.

  • Wie ist das Verhältnis zu den formellen Strukturen in der Region?

Sowohl in der Region Freiburg als auch in Berlin-Brandenburg sind formelle Strukturen (Stadtverwaltung, Landesministerium, etc.) beteiligt. Aus den regionalen Praxislaboren heraus werden Bedarfe zur vertikalen, horizontalen und fachübergreifenden Kooperation ermittelt. Daraus werden Empfehlungen im Bereich von Governance abgeleitet, an welchen „Stellschrauben gedreht“ werden könnte.

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Moderierte Arbeitsgruppen

Leitfragen

Zwei moderierte Arbeitsgruppen vertiefen die Diskussion der variablen Governance entlang folgender Leitfragen:

  • Was sind relevante Typen von Partnerschaften, für die eine Regional Governance die Plattform bilden kann?

  • Wie werden in Ihren Verbünden unterschiedliche Akteursgruppen in die Arbeit eingebunden?
    Welche Akteursgruppen prägen diese?

  • Welche Organisationsformen sind jeweils geeignet?

  • Wie kann das Zusammenspiel einer Dachorganisation (als Plattform) mit unterschiedlichen Partnerschaften organisiert werden?
Öffentliche Daseinsvorsorge und Ehrenamt

Moderation: Julia Reiß, Institut Raum & Energie, Querschnittsvorhaben

Kernaussagen:

  • Bei den Stadt-Land-Plus Vorhaben werden nahezu immer unterschiedliche Akteure (Akteurssgruppen) eingebunden: u.a. Wirtschaftsunternehmen, Industrie- und Handelskammern, Kommunalpolitik, Verwaltung, Umwelt- und Naturschutzverbände, Unternehmen aus der Tourismusbranche. Dies erfordert eine sehr flexible Organisation.

  • Um Government und Governance zu integrieren, müssen von Projektbeginn an Strukturen geschaffen werden, die alle (unterschiedlichen) Akteure ansprechen. Dafür ist es hilfreich, der Politik Vorteile (z.B. konkret zu erwartende Ergebnisse) aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass Forschungsprojekte nicht zum Ziel haben, Entscheidungsprozesse zu realisieren, sondern Entscheidungshilfen zu geben (Bewertungen, Abwägungen). Es sei dafür notwendig, den Projektablauf politischen Gremien zu erläutern und auch deren Grenzen aufzuzeigen.

  • Oftmals ist eine Verzahnung von formellen und informellen Strukturen sehr schwierig. Deshalb müssen von Projektbeginn an Government und Governance gemeinsam gedacht werden.

  • Empfehlenswert sei es, die Politik kontinuierlich von Beginn an durch direkte Kommunikation und Diskussion einzubinden und an bestehende Strukturen anzuknüpfen.

  • NaTourHuKi hat beispielsweise „Peerings“ aus drei wissenschaftlichen und drei Praxispartnern im Kinzigtal gebildet (auch ein Stellentausch fand statt). Dies ermöglicht einen Perspektivwechsel, gemeinsame Kommunikation und Verständnis für das Gegenüber, aber auch eine zielgenaue Bearbeitung von speziellen Herausforderungen beispielsweise durch Arbeitsteilung.
Landwirtschaft und Naturschutz

Moderation: Dr. Stephan Bartke, Umweltbundesamt, Querschnittsvorhaben

Kernaussagen:

  • In der Metropolregion Nürnberg spielen die Governance-Strukturen eine zentrale Rolle bei der Unterstützung der Verbesserung der Lebensqualität, dem Aufzeigen von Best-Practice Beispielen und der Bewusstseinsbildung. Die Landwirtschaft und deren Akteure seien auch im Leitbild ein zentraler Baustein. Durch aufkommende Zielkonflikte (v.a. in Bezug auf Fläche) werde vor allem an Aushandlungs- und Dialogprozessen mit dieser Akteursgruppe gearbeitet. Dafür werden beispielsweise geeignete Flächenmanagementpools oder Standort-Optimierungen von Ausgleichsflächen vorgestellt.

  • Schwierig sei es, die Landwirtschaft einzubinden, da häufig landwirtschaftliche Agenden fehlen. Diese könnten beispielsweise als Ziel haben, die Versorgung der städtischen Bevölkerung zu gewährleisten. Ernährungsräte seien denkbar als Innovationsimpuls für die regionale Vermarktung. Wichtig sei bei RAMONA zudem, „neue“ Akteure neben „alten“ zu involvieren.

  • In der Region Freiburg sollen Akteursgruppen aus dem Bereich des Flächensparens und der Landsicherung beteiligt werden. Dies soll über das Thema Ernährung erfolgen. Dafür seien (neue) Kooperationen notwendig. Angedacht ist, die Versorgung einer Schule mit regionalen Produkten zu gewährleisten und durch Bildungsprozesse einen Ernährungswandel zu befördern.

  • Überdacht werden sollte, dass die Vergabe der städtischen Liegenschaften bisher meist nach den finanzstärksten Angeboten erfolgt. Qualitative Kriterien spielen eine ebenso wichtige Rolle. Beispielsweise wolle Berlin ein Vergabe-Konzept mit neuen Bewertungskriterien für die öffentlichen Flächen erarbeiten.

  • Bei der Flächenvergabe öffentlicher Liegenschaften erarbeitet die Stadt Leipzig ein neues Konzept im Rahmen der “Klimanotstandmaßnahmen“. Bei der Vergabe werden auch strukturelle Merkmale berücksichtigt: Unterstützung von jungen Landwirt*innen, biologischer Anbau, solidarische Organisationen.

  • Für KOPOS sei die Governance-Dachorganisation der Ernährungsrat bzw. die "BioMusterRegion" Freiburg.

  • Die Einbindung der Bürger*innen über die Ernährungsräte sei in Leipzig ein geeigneter Hebel für Gemeinschaftsverpflegung.

  • Es wird angemerkt, dass Professionalisierung der Ernährungsrate wichtig ist z. B. AG Wert-schöpfungsketten für thematische Arbeit. Dafür seien wissenschaftliche Informationsquellen u.a. die Landschaftspflegeverbände (LPV).

  • Unterschiedliche Flächenabsichten (Wirtschaft und Gewerbeausweisungen vs. Landwirtschaft und Erträge) bei der Flächenausweisung zusammen zu bringen, löse das Planungsinstrument bei ReProLa mit Vorrangflächen für Landwirtschaft. Dazu berate derzeit der Landtag.

  • In dem Raumbild von NACHWUCHS werden auch landwirtschaftliche Vorrangflächen auf Stadt-Land-Ebene abgebildet.

  • Beispielhaft werden raumplanerische Instrumente aus Italien angeführt, dort werden Siedlungspläne in die Pläne der Landwirtschaft übernommen. Dies setzt einen Perspektivenwechsel für Landwirtschaft und Naturschutz voraus.
    Der Kompensationsdruck auf die Fläche wird bei RAMONA durch das Identifizieren von "Suchräumen" bzw. "Suchraumkulissen" entlastet.

Disskussion und Abschluss

Thesen zur Diskussion

Abschließend stellt Herr Bartke mehrere Thesen zur Diskussion (Was können wir von einer Dachorganisation erwarten?). Diese stoßen bei den Teilnehmenden auf überwiegende Zustimmung:

  • These 1: Das Thema der Stadt-Land-Beziehungen ist durch Ernährungsräte gut transportierbar.

  • These 2: Ohne kommunale Förderung/Unterstützung ist eine Dachorganisation nicht möglich u.a. wegen der Unterstützung der langfristigen Aufgaben. Angemerkt wird, dass Kommunen wichtige Transferstellen in die Politik seien und auch wichtige Vorbildfunktionen inne haben. Die direkte Einbindung der Kommune und interkommunalen Gremien kann auch wichtig sein z. B. Kooperation in Lyon für die Fachpläne „Ernährung“.

  • These 3: Jede Region sei heterogen und braucht deswegen eine gezielte Untersuchung der Potenziale bzw. Hemmnisse.

  • These 4: Der Austausch mit anderen Regionen ist unerwünscht. Dieser These widersprechen alle Teilnehmenden. Festgehalten wird, dass miteinander kommunizieren wichtig für die Sammlung an Ideen sei.

An einer digitalen Moderationswand (Miro) sind zentrale Aspekte der Diskussion der Arbeitsgruppe festgehalten.

Austausch zum Querschnittsthema „Governance“

Abschließend werden in beiden Arbeitsgruppen weitere Aspekte/weiterer gewünschter Austausch zum Querschnittsthema „Governance“ festgehalten:

  • „Politik mitnehmen“
  • Austausch zum Thema Ansprache der Politik mit Praxisbeispielen und Erfahrungsaustausch
  • Entwicklung einer regionalen Strategie. Einbindung Unternehmen und Verbände
  • „Lessons learnt“ war sehr hilfreich (siehe Präsentation von RAMONA)
  • Leitbildprozess
  • Weiterer direkter Austausch in Kleingruppen
  • Wie kommen wir zu strategischen Lösungen?
  • Verwaltung und Governance-Begriff: Wie besser wahrnehmbar und begreifbar machen?
  • Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Gestaltung von Goverenance-Prozessen
  • Verknüpfung von bestehenden und (Co-)Design von Strukturen (Transformation)
  • Wie Schlüsselfiguren im Governance-Prozess überzeugen und aktivieren?

Ort: online

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