Stadt-Land-Plus Methodenworkshop: Regionale Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung

Witzenhausen

Am 3.-4. Juli 2019 fand an der Universität Kassel am Standort Steinstrasse 19 in Witzenhausen der erste Vernetzungs-Workshop im Cluster „Regionale Kreislaufwirtschaft stärken und Wertschöpfung erhöhen“ statt. Insgesamt beteiligten sich 21 Teilnehmende aus sechs Stadt-Land-Plus Verbundvorhaben sowie drei externe Expert*innen, u.a. aus dem Querschnittsvorhaben zur BMBF-Initiative "Ressourceneffiziente Stadtquartiere", engagiert am Austausch.

Dokumentation

Die Dokumentation des Methoden-Workshops finden Sie hier.

Block 1: Begrüßung und fachliche Einführung

Dr. Stephan Bartke, Leiter des wissenschaftlichen Querschnittsvorhabens, begrüßte die Teilnehmenden und führt in Hintergrund und Ziele des Workshops ein.

Hintergrund

Die Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftskreisläufe ist zentral für die Interaktion von Stadt und Land. Die Vorhaben der Fördermaßnahme Stadt-Land-Plus untersuchen regionale Wertschöpfungspotenziale in vielfältigen Kontexten, z. B. Verwertung von Restbiomassen, Wiedereinsatz von Baumaterialien, Regionalprodukte und Nutzungskaskaden zur Entlastung der Flächennutzung.

Im Cluster „Regionale Kreislaufwirtschaft stärken und Wertschöpfung erhöhen“ wird neben der Vernetzung und dem Austausch der Vorhaben die Erarbeitung gemein-samer Beiträge und Produkte unterstützt.

Im Status quo gibt es verschiedene Ansätze zur Analyse regionaler Wertschöpfungsketten und Stoffströme. Im ersten Treffen wird ein Austausch zur „Guten Fachlichen Praxis“ zur Erfassung und Bewertung von wirtschaftlich tragfähigen regionalen Wertschöpfungsketten, die eine nachhaltige regionale Kreislaufwirtschaft und ein effizientes, ressourcenschonendes Landmanagement unterstützen, angestrebt.

Dazu soll im Cluster betrachtet werden, inwieweit bestimmte Ansätze für die regionale Stadt-Land-Ebene etabliert sind, welche konkreten Methoden die Vorhaben nutzen und welche Vorteile diese bieten. Der Fokus lag auf dem methodischen Austausch, bevor in Folgephasen die Implementation mit Themen der Adressierung und Einbindung von Akteuren, der Schaffung und Vermarktung von Regionalprodukten oder der effektiven Governance behandelt werden sollen.

Ziele des Workshops
  • Das erste Arbeitstreffen gibt einen Überblick zum Status-Quo und ist dem Aus-tausch über Stärken und Knackpunkte angewandter Methoden zur Erfassung und Bewertung regionaler Wertschöpfungsketten und Stoffströme gewidmet.
  • Die Ergebnisse sollen möglichst in einem Diskussionspapier als Übersicht zu Verfahren und mit Blick auf generalisierbare Empfehlungen und zu beachtender Knackpunkte dokumentiert werden.
  • Externe Inputs und Teilnehmende unterstützen Analyse und Diskussion über die Fördermaßnahme hinaus.
  • Es soll nach Bedarf eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit der Vorhaben und zur möglichen Entwicklung gemeinsamer Produkte (z. B. Bildung einer Arbeitsgruppe der Verbundvorhaben und des Querschnittsprojekts; Anschieben einer gemeinsamen Publikation) diskutiert werden
Erwartungen an Workshop und gute Methodik

Im Rahmen der Registrierung hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit zwei Aussagen zur ergänzen (Abb. 1 und 2).

Als Erwartungen an den Workshop wurde vielfach die Vernetzung unter den Projekten betont (Kontakt zu anderen Projekten, informellen Austausch, guten Austausch und Kontakt zu anderen Projekten) sowie der fachliche Austausch mit Einblicken in die Arbeit und Methoden anderer Projekte, dem Austausch Erhebungsmethode(n) von Wertschöpfung, Anregungen und Austausch zu Methoden, Anregungen zur Darstellung von Stoffflüssen und um einen Überblick über angewandte Bewertungsmethoden in Abhängigkeit der jeweiligen Zielstellung zu gewinnen. Hierdurch erhofft waren Erkenntnisse für die Erhebungspraxis, Inspiration in der Methodenentwicklung und Anregungen zu anderen Bewertungsmethoden (innovative Ansätze) der regionalen Wertschöpfungsketten. Grundsätzlich ging es auch den Teilnehmenden darum, einen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus zu gewinnen und gegebenenfalls das brechen mit eigenen präformierten Annahmen. Im Sinne der Synthese besonders ist auch der Wunsch Parallelen zu finden und Kooperationen anzustoßen.

Da es im Workshop um Methoden gehen sollte, jedoch diese sehr vielfältig definiert und angewandt werden können, wurden die Teilnehmenden des Weiteren eingangs gebeten festzuhalten, unter welchen Voraussetzungen sie eine Methode zur Erhebung / Bewertung / Analyse regionaler Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung im Stadt-(Um-)Land-Raum „gut“ ist. Bereits hier wurde ersichtlich, dass „gute“ Methoden neben allgemeinen Anforderungen an Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, Anwendbarkeit auf andere verschiedene Untersuchungsgegenstände und die Arbeit mit „guten“, konsistenten Daten, deren Erhebung und Dokumentation, weitere spezifische Ansprüchen im Kontext der regionalen und nachhaltigkeitsorientierten Perspektive genügen müssten, u.a. an:

  • Berücksichtigung divergierender Partikular-/ Interessen verschiedener Stakeholder
  • Abbildung sozialer, externer Effekte und nicht-marktlicher Ökosystemleistungen
  • Umgang mit räumlich-zeitlich-stofflicher Komplexität
  • Klare, objektive Definition des Regionalitäts- und Nachhaltigkeitsbegriffs
  • Möglichst kleinräumige Differenzierbarkeit.
Fachimpuls Optimierung regionaler und lokaler Stoffkreisläufe
Maic Verbücheln, difu
Maic Verbücheln, difu

Fachimpuls 1 Maic Verbücheln, DIFU: Optimierung regionaler und lokaler Stoffkreisläufe und Stoffströme

Herr Verbücheln, Bereich Umwelt Deutsches Institut für Urbanismus (DIFU), hat in zahlreichen Projekten zu den Themen Ressourceneffizienz, Stoffströme und Kreislaufwirtschaft gearbeitet. In seinem Impuls geht er zunächst auf die Herausforderungen ein durch Megatrends des Bevölkerungs-, Wirtschaftswachstums und der Urbanisierung – 2050 werden 7 Mrd. Menschen in Städten leben, wo es relativ hohe Verbräuche von Ressourcen gibt. Diese Trends gehen mit einer zunehmenden Ressourceninanspruchnahme einher und führen zur Verknappung und den Verbrauch der natürlichen Lebensgrundlagen.

Verschiedene Konzepte werden diskutiert als Beitrag zu einer ressourceneffizienteren und nachhaltigeren Lebens- und Wirtschaftsweise. In der Natur ist Metabolismus ein geläufiges Konzept und kann als Vorbild dienen für Kreisläufe. Ressourceneffizienz in Kommunen wurde bereits in 1960er-70er Jahren diskutiert, z.B. „The Metabolism of Cities“ von Abel Wolman, als ganzheitlichen Ansatz der Ver- und Entsorgungsstrukturen. Bei den heutigen Leitbildern und Konzepten zur Ressourceneffizienz in Kommunen spielt der integrierte techno-soziologische Ansatz eine große Rolle: „Urban Mining“ als Stadt als Ressource, „Transition Town“ als bottom-up Gemeinschaftsprojekte mit Maßnahmen zur Verbrauchsreduktion fossiler Energieträger und Stärkung regionaler und lokaler Wirtschaft, „Zukunftsstadt“ als CO2-neutrale, energie- und ressourceneffiziente, resiliente Stadt, „Smart City“ als intelligente, digitalisierte Stadt und so weiter.

Auch politisch gibt es viele Initiativen und Vorstöße auf EU und deutscher Ebene, die allerdings oft nicht die kommunale oder zivilgesellschaftliche Umsetzung erreichen. National sind die Strategien ProgRess I (2012) mit Leitideen und Handlungsansätzen zum Schutz der natürlichen Ressourcen zunächst mit Fokus auf KMU und ProgRess II (2016) mit stärkerem Fokus auf Kommunen zu nennen. Wichtig für die Umsetzung sei eine Adressierung und Einbeziehung auch der lokalen und regionalen Ebene. Viele Schnittstellen bestehen nach Einschätzung Herrn Verbüchelns zwischen Stadt-Land-Plus-Vorhaben und ProgRess. Aktuell wird ProgRess III erarbeitet (für 2020 erwartet).

Die Ziele der Agenda 2030 zur Nachhaltigen Entwicklung (SDGs) sind vielfach direkt mit Ressourcenschutz und Kreisläufen verbunden. Die SDGs haben teils eingeschlafene Agenda 21 Prozesse neu angestoßen. Spezifische SDGs können mit den Aktivitäten der Stadt-Land-Plus-Vorhaben und von Kommunen direkt angesprochen werden (Handlungsebenen vgl. ICLEI-Diskussionspapier Burger/Ulrich/Kuhn, 2017).

Sodann erläutert Herr Verbücheln zentrale Akteure, Handlungsfelder und Gestaltungsspielräume der Kommunen. Die lokale Ebene sei wichtig, weil die Stoffe hier anfallen, gesammelt und gesteuert werden sowie gute Zugänge zu Netzwerken und demokratisch legitimierte Steuerungsinstanzen vor Ort bestehen. Ressourceneffizienz diene nicht nur dem Schutz der Umwelt, sondern stärke die Wettbewerbsfähigkeit und unterstütze lokale Wirtschaftskreisläufe. Hierbei komme den Kommunen eine zentrale Rolle für Effizienz wie Suffizienz zu, was technische wie soziale Innovationen ermögliche.

Herr Verbücheln stellt einige Handlungsbereiche im Stadt-Land-Kontext näher vor, etwa die Ressourcenstrategie Zürich durch die 2000 Watt Gesellschaft initiiert. Hier hat die Vorgabe öffentliche Gebäude in der Stadt nur noch mit R-Beton zu bauen den Markt gewandelt und Stadt-Land-Beziehungen etabliert.

Herr Verbücheln betont die Vorteile, die eine regionale und lokale Steuerung von Stoffkreisläufen erlaubt. Neben der Kenntnis der Lage vor Ort, kann auf teils etablierte Organisations- und Managementstrukturen zurückgegriffen werden (Stoffe werden bereits regional oder lokal gesammelt, organisiert und gesteuert). Kommunen haben oft einen guten Zugang zu Netzwerken von Akteuren (Gesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung, etc.), deren Zusammenspiel zu unterstützen ist.

Abschließend illustriert Herr Verbücheln verschiedene Stadt-Land-Beziehungen in einem Modell mit eingängiger Darstellung der betroffenen räumlichen Ebenen. Mit Blick auf den Werkzeugkasten möglicher Methoden zur Analyse von Stoffströmen (Workshops, Reallabore, Status Quo Analysen [Akteure, Stoffströme], Stoffstrom- und Schnittstellenanalysen, Sensitivitätsanlayse, Interviews, Ökobilanzierung, Stoffstrombilanzierungen und weitere) stellt er besonders die Bedeutung von nach außen darstellbaren Zahlen und Daten für die Kommunikation heraus. Wichtig seien bei den Methoden deren Transparenz und Ergebnisse, die Bilder erzeugen könnten.

Für weitere Informationen verweist Herr Verbücheln auf das Vorhaben „Ressourceneffizienz in Kommunen“ www.ressourceneffizientekommune.de – die Vortragsfolien finden Sie hier.

Fachimpuls Der Flächenfußabdruck
Horst Fehrenbach, ifeu
Horst Fehrenbach, ifeu

Fachimpuls 2 Horst Fehrenbach, IFEU: Die Ressource Land: Der Flächenfußabdruck

Vor dem Hintergrund des Zieles der Fördermaßnahme die knappe Ressource Land effizienter zu nutzen, wurde Horst Fehrenbach, Fachbereichsleiter am ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg, eingeladen seine Arbeiten vorzustellen zur Ermittlung und Verifizierung von Datenquellen und -grundlagen für die Berechnung der Flächenrucksäcke von Gütern und Dienstleistungen für Ökobilanzen und die vereinfachte Umweltbewertung geht (UBA FKZ 3717 31 105 0).

Herr Fehrenbach erläutert zunächst die Herausforderung und Bedeutung einer Bewertung von Fläche als limitierte Ressource der Stadt-Land-Verbindungen bzw. im Metabolismus. Jedes Produkt hat auch einen Flächenfußabdruck, wie andere auch, aber als Methode sei dieser Aspekt noch unterbeleuchtet. Klar ist, Fläche ist nicht gleich Fläche. Um sich den qualitativen Unterschieden anzunähern, wird auf das Hemerobie-Konzept als Maß der Qualität abgestellt, um relevante Veränderungen zu erfassen. Zudem sollten direkte und indirekte Flächennutzungsänderung sowie temporäre Flächenbelegungen berücksichtigt werden.

Es wurden 28 verschiedene Datenbanken für Ökobilanzen auf die Verfügbarkeit von Daten geprüft. Nur acht enthielten Flächendaten und diese teils sehr speziell (etwa nur für Anbaufrüchte).

Als eine wichtige Grundfrage war zu klären: Was ist die betrachtete Grundeinheit. Im Ergebnis wird postuliert: „Einem Produkt oder einer Dienstleistung ist nur die Fläche als Belegung anzurechnen, die nicht für eine andere Nutzung (sprich für die Bereitstellung anderer Produkte oder Dienstleistungen) zur Verfügung steht. Die Einheit lautet: m² · a wobei der Berechnungszeitraum 1 Jahr beträgt oder entsprechend länger, wenn durch die einmalige Nutzung (z.B. Abbau Bodenschatz) die Fläche auf längere Zeit belegt ist.“ Als Beispiel verweist Herr Verbücheln auf den vermeindlichen Konflikt von Ackerbau und Windkraftanlagen. Hier ist nur der Verbrauch der Konstruktion und der Zuwege relevant, wenn gleichzeit mit der Windenergieernte auf dem vom Schattenwurf o.ä. betroffenen Flächen trotzdem noch eine Ernte erziehlt werden kann (im Gegensatz etwa zum Braunkohletagebau).

Entscheidend für die Bewertung sei ein Verständnis von Fläche, das mehr als den Quadratmeter betrachtet. Mit Hilfe des Hemerobie-Konzepts („Entfernung zu Leben“) wird die standortbezogene Selbstregulation von Ökosystemen und ihre Natürlichkeit als vom Menschen unbeeinflusste Natur eingeschätzt. Diese Bewertung ist multi-kriteriell und eng verzahnt aber nicht identisch mit den Schutzgütern Biodiversität und verschiedenen Ökosystemleistungen. Skaliert wird zunächst ordinal in Klassen von I „natürlich – ahemerob“ (kein Einfluss von Menschen) bis VII „nicht natürlich – metahemerob“ (überbaut, versiegelt, Abbauflächen, Halden). Klassen können jedoch zueinander ins Verhältnis gesetzt werden (quasi-kardinal). Für verschiedene Flächengrundtypen (Wald/Forstsysteme; Ackerland; Grünland; Rohstoffabbauflächen; Brachflächen; Sonstige Siedlungsflächen, spezielle Betrachtung von Verkehrsflächen) werden Bewertungsmatrizen geprüft.

Mit der beispielhaften Anwendung des Konzeptes auf die Stromproduktion verdeutlicht Herr Fehrenbach das Potenzial der Methodik eindrucksvoll.

Die Vortragsfolien finden Sie hier.

Empfohlene Referenzen:

  • Schmitz, S.; Paulini, I.: Bewertung in Ökobilanzen. Methode des Umweltbundesamtes zur Normierung von Wirkungsindikatoren, Ordnung (Rangbildung) von Wirkungskategorien und zur Auswertung nach ISO 14042 und 14043. UBA Texte 92/99, Berlin
  • Detzel, A.; Kauertz, B.; Grahl, B.; Heinisch, J.: Prüfung und Aktualisierung der Ökobilanzen für Getränkeverpackungen. UBA Texte 19/2016.
  • Fehrenbach, H.; Grahl, B., Giegrich, J., Busch, M.: Hemeroby as an impact category indicator for the integration of land use into life cycle (impact) assessment. Int J Life Cycle Assess (2015)20:1511-1527. DOI 10.1007/s11367-015-0955-y
Diskussion zu Fachimpulsen

In der Diskussion wurde die temporäre Flächenbelegung hinterfragt – gerade für langfristige Nutzungen (Bsp. Kernkraftwerke) bedürfe es noch der weiteren Methodenentwicklung. Diskutiert wurde auch die Multifunktionalität, etwa ob bei der Bewertung von Waldflächen die Erholung für die Bevölkerung einbezogen wird. Hierzu stellte Herr Fehrenbach heraus, dass die Ökobilanz als Methodik grundsätzlich negative Umweltwirkungen quantifiziere, also den Fokus auf negative Wirkungen lege und somit positive Effekte systematisch ausblende. Eine Überlegung könne sein, mit inversen Skalen zu arbeiten.

Herr Fehrenbach bestätigt, dass die Flächen-Fußabdruck-Methodik für die Ökobilanz sekundärdatenbasiert funktionieren soll. Eine gute Methode müsse möglichst verfügbare, solide Daten nutzen. Dazu brauche es belastbare, generische Werte. Modelkommunen und Primärdaten würden für die Methodenentwicklung und Validierung benötigt. Herr Bartke verweist darauf, dass das Thema effizienter Flächennutzung ein Kernziel der Fördermaßnahme sei und insofern sich die Themen der Verbundvorhaben als konkrete Testfälle für die Methodenentwicklung und Validierung anböten. Das Querschnittsvorhaben unterstütze hier die Abstimmungen gerne.

Mit Blick auf das Beispiel von Herrn Verbücheln wurde diskutiert, ob die Holzkapazitäten von Wäldern für den Bau ausreichen bzw. ob es Grenzen in der Verfügbarkeit von Holz für den Bausektor durch die Forstwirtschaft gibt.

Block 2: Methoden der Stadt-Land-Plus-Vorhaben

Der Hauptteil des Workshops war dem vertieften fachlichen Austausch gewidmet. Die Teilnehmenden stellten vor der Diskussion Impulsvorträge zu folgenden Leitfragen vor:

  1. Welche Wertschöpfungsketten und Stoffströme werden betrachtet?
  2. Welche Methodik wird mit welchem Ziel genutzt?
  3. Welche Vorteile und Knackpunkte besitzt die gewählte Methodik?
CoAct - Integriertes Stadt-Land-Konzept zur Erzeugung von Aktivkohle und Energieträgern aus Restbiomassen
Korbinian Kaetzl, Universität Kassel

Korbinian Kaetzl, Universität Kassel, stellt das CoAct-Vorhaben vor. Restbiomassen sollen in Wert gesetzt werden zu hochwertigen Produkten (etwa in Kläranlagen) und als Substitut von Import-Aktivkohle. Biomassen, die für die Pyrolyse (Herstellung Aktivkohle) ungeeignet sind, können als Brennstoff verwendet werden. Somit werden übergeordnet Beiträge für die Ressourcenschonung, Energie- und Emissionsreduktion und regional für den Umwelt- und Ressourcenschutz sowie die Wertschöpfung geleistet.

Dr. Ulrich Gehrlein, Institut für Ländliche Strukturforschung, stellt die Arbeiten zu Biomasse-Wertschöpfungsketten vor. Er erläutert dabei die betrachteten Wertschöpfungsketten und Stoffströme. Im Fokus sind bisher nicht „hochwertig“ verwertete Massen, die ökonomisch und ökologisch nachhaltig in der Region mobilisiert werden können. Für die Analyse werden bestehende Wertschöpfungsketten betrachtet und ein Alternativszenario unter Berücksichtigung einer „CoAct-Anlage“.

Die Identifikation der bisherigen Wertschöpfungsketten und Stoffströme erfolge durch persönliche Gespräche auf den unterschiedlichen Stufen der Kette (partizipativer Ansatz): Ernte/Bergung Logistik, Verarbeitung, Logistik II (Fuhrunternehmer, Kompostwerk, Maschinenring), Abnahme. Fragen fokussieren auf Akteure, Mengen (t), Kosten, etc. und ergänzend zu im Gelände verbleibender Biomasse sowie Aufwand für Bergung. Ziel sei eine integrierte Betrachtung von Akteuren und Stoffströmen. Über die Befragungen sollen etwa 50% der Biomassen erfasst werden. Methodische Probleme des Ansatzes werden in der hohen Abhängigkeit von der Auskunftsbereitschaft der zu befragenden Akteure gesehen („Betriebsgeheimnis“). Der Wert des Ansatzes wird in der frühzeitigen Einbindung der regionalen Akteure und der besseren Datenqualität zu Ernteperioden, Mengen pro Fläche und Jahren, wo Auskunft erteilt wird, gesehen. Die integrierte Betrachtung von Biomassen und Akteuren diene schließlich der ökonomische Bewertung aktueller Biomassenutzungen und helfe die etablierte Governance-Strukturen und institutionelle Arrangements zu erfassen als Basis für die Entwicklung von Szenarien für eine höherwertige Biomassenutzung und deren Umsetzung (Identifikation von Handlungs-/Kooperationspotenzialen.

In der Diskussion wurde neben Fragen nach geeigneten Restbiomassen (etwa auch Treibholz) geklärt, dass die ökonomische Betrachtung in CoAct auf die betriebswirtschaftliche Ebene konzentriert ist. Volkswirtschaftliche externe Effekte werden nicht im Kern betrachtet – teils sollen Synergien mit anderen Vorhaben genutzt werden, etwa im den Substitutionseffekt für Importkohle auf eingesparte soziale Kosten abzuschätzen. Des Weiteren wird in CoAct eine Ökobilanzierung durchgeführt. Es gilt für alle genutzten Biomassen die Werte zu vereinfachen und die Betrachtung eines Substituts für die Referenzaktivkohle einzubinden.

Die Vortragsfolien finden Sie hier.

ReProLa – Regionalproduktspezifisches Landmanagement in Stadt-Land-Partnerschaften am Beispiel der Metropolregion Nürnberg
Dr. Andrea Früh-Müller (Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung Triesdorf)

Prof. Dr. Tobias Chilla (Universität Erlangen-Nürnberg) und Dr. Andrea Früh-Müller (Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung Triesdorf) stellen ReProLa vor. Der Kern des Vorhabens ist die Schnittstelle Flächenverbrauch und regionale Wertschöpfung. Über ein nachhaltiges Management der Ressource Land soll u.a. die regionale Agrarproduktion gesichert werden. Nicht unerheblich für die Betrachtung sei zu-nächst die Klärung, was als Regionalprodukt im Diskurs zwischen Autarkie und Subsistenz, Spezialitäten und Tradition sowie Export und Standortvorteilen verstanden wird. In einem ersten Schritt wurden exemplarisch Regionalprodukte identifiziert (Bier, Süßkirschen, u.a.).

Mit der Methodik des Wertschöpfungs-Mapping soll die ökonomische Bedeutung von Regionalprodukten quantifiziert und kleinräumig differenziert werden. Das Mapping er-folgt auf den drei Stufen Erzeugung, Verarbeitung und Handel zur Analyse monetärer Wertschöpfungsketten. Ein Knackpunkt sei, dass in der Realität häufig keine separaten Ketten vorlägen, sondern „Wertschöpfungsnetze“. Ein Schwerpunkt dieses analytischen Schrittes liegt in der möglichst kleinräumigen Betrachtung. Die Operationalisierung der Wertschöpfungsketten erfolge in jeder Stufe mithilfe von Sekundärdaten (Bsp. Erzeugung: Monetäre Wertschöpfungsgrößen (NUTS-0); Anbauflächen (NUTS-3), Beschäftige (ggf. NUTS-3)) sowie vertiefender Regionalisierungsschritte. Da generell für alle Stufen der Wertschöpfung die Datenlage auf kleinräumiger Ebene nicht optimal ist , werden ergänzend Experteninterviews (qualitativ) mit Branchenvertretern durchgeführt - bei denen keine Unternehmensdaten, sondern branchenbezogene Einschätzungen abgefragt werden. Im Ergebnis wird ein Wertschöpfungs-Mapping erstellt anhand dessen der Beitrag und das Potenzial von Regionalprodukten für die regionale Wertschöpfung dargestellt werden.

Mithilfe eines Flächenmonitoring-Systems sollen Wertschöpfung und Flächennutzungsänderungen in Bezug gesetzt und analysiert werden. Dafür bedarf es zunächst der Auswahl von Landkreisen und Primärprodukten, die regional eine hervorgehobene Rolle spielen (Bsp. Hopfen). Der Druck auf die landwirtschaftlichen Flächen in der Metropolregion Nürnberg ist sehr hoch. So wurden seit 1990 439 km² in Siedlungs- und 657 km² in Wald- und Naturflächen umgewandelt (etwa 10% der landwirtschaftlich genutzten Fläche 1990). Zur besseren Datenlage werden auch hier Interviews mit Erzeugern geführt. Es wird sich ein hohes Erkenntnispotenzial durch eine ergänzende Nachhaltigkeitsbewertung der regional erzeugten Produkte erwartet mit Blick auf Anpassungen im Management und bei der Vermarktung sowie Beachtung des räumlichen Stellenwertes und Fußabdrucks der Regionalprodukte. Im Ergebnis soll ein übertragbares Instrumentenset für Landmanagement in großräumigen Stadt-Land-Partnerschaften entwickelt werden.

In der Diskussion wurde der mögliche Beitrag der Regional- und Landesplanung angesprochen. Des Weiteren wurde das Potenzial von ökonomischen Analysen für die Versachlichung von konflikthaften Debatten um Flächennutzung diskutiert.

Die Frage, inwieweit die Methodik des Wertschöpfungs-Mappings übertragbar sei, wird grundsätzlich bejaht: Die brancheninterne Übertragbarkeit auf andere Räume ist unproblematisch; die Übertragung auf andere Branchen ist möglich, wenn auch nicht trivial.

Die Vortragsfolien finden Sie hier.

VoCo - Vorpommern Connect: Nachhaltige Stadt-Land-Wertschöpfungsketten bewerten und gestalten

Ziele von VoCo sind die Integration regionaler (und überregionaler) Bevölkerungsansprüche zu regionaler Versorgung und regionalen Produkten, zu Umweltschutz und Artenvielfalt sowie zu Bildung und Erholung. In Modellvorhaben werden diese mit Bezug zu SDG- und ÖSL-Indikatoren in Szenarien beurteilt und ausgewählt – hierbei zunächst mit Fokus auf regionale Wertschöpfungsketten von Biomasse, wegen hohem Klimaschutzpotenzial durch Wiedervernässung. Die Ergebnisse sollen in die Entwicklung einer GIS-basierte Plattform münden. Monika Hohlbein und Dr. Johannes Fuchs von der Universität Greifswald präsentierten Neben Zielen und Hintergrund von VoCo ausgewählte methodische Ansätze.

Für die Untersuchungsregion stellen Management und Konfliktausgleich bei divergie-renden Anforderungen durch globale Märkte einerseits und nach regionalen Produkten andererseits eine wichtige Rolle. So werde der Raps exportiert, aber auch in den Städten gäbe es eine Nachfrage nach regionalen Produkten und auffällig ist das Wachstum kleinerer und kleiner Hersteller innerhalb der Region (Rückkehrer). Wissenschaftliches Ziel ist u. a. die Darstellung bestehender Wertschöpfungsketten, wobei eine Schwierigkeit die sehr kleinteilige Struktur und fehlende verarbeitende Struktur in der Region ist. Die klassische Wertschöpfungskette ist lückenhaft, oft gibt es Direktvermarktung oder Erzeugerzusammenschlüsse.

Methodisch werden zwei Ansätze vorgestellt. Mittels Flächenanalyse wird analysiert, welche Potenziale vorhanden sind. Zur Identifizierung möglicher Modellprojekte wird mit explorativen Interviews zur Identifizierung der Akteure (Flächenbesitzende – nutzende, Ämter und Behörden, Wasser- und Bodenverbände, etc.) gearbeitet. Später soll durch Fokusgruppen Politik und Wirtschaft eingebunden werden – Knackpunkte sind eventuell Unstrukturiertheit sowie Dominanz und Umgang mit Partikularinteressen bei den Fokusgruppen. Als Vorteile der Befragung wird gesehen, dass mögliche Lücken sichtbar werden, z. B. wo fehlen Zwischenhändler in den Wertschöpfungsketten.

WieBauin – Wiederverwertung von Baumaterialien innovativ
Prof. Dr. Liselotte Schebek, Technische Universität Darmstadt

Frau Prof. Dr. Liselotte Schebek und Herr Christian Dierks, beide Technische Universität Darmstadt, stellten das Stadt-Land-Plus Verbundvorhaben WieBauin mit seinen Partnern und Zielsetzung vor. Das Fachgebiet „Stoffstrommanagement und Ressourcenwirtschaft“ der TU Darmstadt bringt sich dabei mit vielfältigen Ansätzen (von Ökobilanzierung und Stoffstromanalyse über Szenarioanalysen und systemanalytische Modelle bis zu chemisch-analytischen Methoden für Schadstoffe und Umweltforensik sowie neue Verfahren der Sekundärrohstoffwirtschaft) und in enger Verflechtung mit weiteren Vorhaben in einem Cluster „Urban Mining“ in die Entwicklung neuer Herangehensweisen und Instrumente ein, um das Stoffstromsystem der Baumaterialien zwischen Stadt und Land zum beiderseitigen ökologischen und ökonomischen Vorteil zu gestalten. Durch die Wiederverwendung freiwerdender Baumaterialien in der Region kann die Umwelt entlastet werden, indem Stoffkreisläufe geschlossen werden.

In WieBauin werden die Stoffströme in der Material Flow Analysis (MFA bzw. Stoffstromanalyse) inklusive relevanter Lager betrachtet (etwa Gewinnung mineralischer Baustoffe im Umland, Umbau-/Abrissbedarfe durch Leerstand). Um die ökologischen Prozesse und Umweltwirkungen von Stoffströmen zu verstehen, schließt methodisch die Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment - LCA) an. In der Präsentation werden die Methoden MFA und LCA mit leitenden Forschungsfragen gegenübergestellt. Zur MFA wir hervorgehoben, dass diese bei der Betrachtung des Stoffstromsystems einer Region nur der Ermittlung der absoluten Mengen aller Stoffströme eines bestimmten Materials pro Zeiteinheit dient, während Umweltwirkungen jedoch nicht beschrieben werden. Die hier ansetzende LCA betrachtet die Umweltwirkungen eines Produkts / einer Dienstleistung („Nutzen“ des Systems), indem alle umweltrelevanten Stoffströme im Lebenszyklus ermittelt, auf die relative (funktionelle) Einheit des Produkts bezogen und in einer Wirkungsabschätzung charakterisiert werden. In WieBauin geht es darum zu verstehen, welche Systemwirkungen das Baurecycling hat, was aufgrund von Sub-stitutionseffekten einer komplexen Analyse bedarf. Dabei sei die Verknüpfung von Daten wichtig: So kann GIS zu Standorten der Gebäude verknüpft werden mit einer MFA, um Lager und Flüsse der Materialien zu analysieren (inklusive Szenarien) – beides als Inputs in eine Ökobilanz, mit der die Umweltwirkungen abgeschätzt und bewertet werden können.

In der Diskussion wurde hinterfragt, inwieweit Bauakten von Gemeinde genutzt werden, um Bautypen zu differenzieren und auf das Materiallager zu schließen. Inwieweit grundsätzlich Rückbaupotenziale gehoben werden können, sei technisch und theoretisch möglich zu beantworten aber werde bisher wenig eingesetzt.

Die Vortragsfolien finden Sie hier.

WERTvoll - Stadt-Land-Partnerschaft Leipzig & Umland

Sara Schierz stellte zunächst im Kurzüberblick das Verbundvorhaben WERTvoll vor mit dem Ziel der Entwickelung einer Stadt-Land-Partnerschaft Leipzigs mit vier Umlandgemeinden auf der Basis kooperativer Landnutzungsstrategien. Im Rahmen des Teilprojektes „Ökonomie und Wertschöpfung“ wird die regionale Wertschöpfung betrachtet.

Ausgangshypothese ist, dass aufgrund infrastruktureller und demografischer Rahmenbedingungen vorhandene Potenziale in vielen Regionen nicht genutzt würden, die meist primär Stoffstrom- und Energieimporteure seien, aber kaum eigene Wertschöpfung realisierten. Aufgrund von Globalisierung, Urbanisierung und Kostensteigerungen wachse der Druck vor allem auf ländliche Räume. WERTvoll will zeigen, wie optimierte regionale Stoff- und Energieströme diesem Trend entgegenwirken durch Inwertsetzung lokaler Potenziale, Ausgabenreduzierung und Kaufkraftsteigerung. Strategien zur Schaffung und den Erhalt regionaler Werte seien Investitionen und Arbeitsplätze, dezentrale partizipative Wirtschaftsmodelle, optimierte Landnutzung, Versorgungs- und Planungssicherheit sowie die Stabilisierung gesellschaftlicher Strukturen.

Regionale Wertschöpfung wird als Summe aller zusätzlichen Werte, die in einer Region innerhalb eines bestimmten Zeitraumes entstehen, verstanden, wobei der Begriff „Wert“ hierbei vorrangig ökonomisch bezogen auf regionale Bezugsketten verstanden werde. Regionale Wertschöpfung (RWS) Analyse dient als Indikator zur Quantifizierung ökonomischer und sozioökonomischer Effekte – und komplementiert somit das Nachhaltigkeitsdreieck mit den weiteren ökologischen und sozialen Dimensionen.

Zur Analyse bedarf es einer räumlichen (Bewertung der Beiträge in der untersuchten Stadt-Land-Region) und inhaltlichen Abgrenzung, wobei allgemein gelte, dass regionale Wertschöpfung ausschließlich von lokal und regional ansässigen Akteuren gebunden werden kann und durch das Schließen regionaler Stoffkreisläufe sowie die In-Wertsetzung lokaler Potenziale entstehe. Zu beachten sei weiterhin, dass die Stärkung regionaler Bezugs- und Wertschöpfungsketten zwar ein gemeinsames Ziel der Akteure sei, dass die RWS Analyse aber unterschiedliche Interessen von Akteuren adressieren (Investoren vs. Kommunen vs. Bürger vs. Politik).

Eine Wertschöpfungsanalyse müsse bestimmten Anforderungen entsprechen mit Bezug auf die Stadt-Land-Partnerschaft als wertschöpfende Einheit, auf Glaubwürdigkeit und Objektivität sowie auf einfache Interpretierbarkeit und Nachvollziehbarkeit.

Über den innovativen WERTvoll-Ansatz sei die Betrachtung der Wertschöpfungsketten auf Ebene Stadt-Land-Region ganzheitlich über die einzelnen Wertschöpfungsstufen möglich (etwa von Herstellung/Handel bis Rückbau) bis zur Betrachtung gesamtgesellschaftlicher Synergieeffekte, etwa über die Einpreisung von Ökosystemleistungen. Ausgangspunkt der Betrachtung sei eine Investition eines handelnden Akteurs, welche durch die notwendigen Aufwendungen (etwa Betriebsaufwand) und mit Erträgen (etwa Umsatz) Finanzströme auslöse, von welchen unterschiedliche Profiteure partizipieren (etwa Gehalt für Arbeiter, Steuern für Kommune). Über eine standardisierte Gewinn- und Verlustrechnung werden die Investitionen über die übliche Abschreibungsdauer erhoben und ein regionaler Anteil am Finanzstrom berücksichtigt (und mittels Barwertmethode auf einen Bewertungsstichtag diskontiert).

Als Chancen des Verfahrens wird hervorgehoben, dass die Anwendung betriebswirtschaftlicher Standartmethoden eine klare Kommunikation (Ergebnisse lauten in „€“) und somit Quantifizierung des regionalen „Mehrwertes“ ermögliche mit der die Stadt-Land-Partnerschaft als Wertschöpfer auftritt. Die hohe Nachvollziehbarkeit und Transparenz des regionalen Charakters stärke die Akzeptanz bei regionalen Akteuren. Herausfordernd sei es, eindeutige Eingangsgrößen zur Quantifizierung der Ökosystemdienstleistungen mit sicherer Datenverfügbarkeit zu bestimmen, gesamtgesellschaftliche Synergieeffekte abzubilden sowie methodisch sich ergebende, nicht reale Cash-Flows abzubilden.

Abschließend wird am konkreten Beispiel des „Wurzener Landbrots“ gezeigt, dass mit der RWS-Analyse regionale Lebensmittel, Klimaschutz, Grund- und Trinkwasserschutz, Biodiversität und nachhaltige Flächennutzung ein Wert beigemessen werden könne.

In der Diskussion wird gefragt, welche weiteren Produkte neben dem Wurzener Brot betrachtet werden. Innerhalb des Vorhabens sollen neue Produkte entwickelt, betrachtet und vertrieben werden. Auf die Frage, auf welcher Ebene die ökonomische Analyse erfolge, wurde nochmals auf die die betriebswirtschaftliche Ebene des einzelnen Betriebs abgestellt. Auf die Frage danach, wie der Brotpreis festgelegt wurde, wurde erläutert, dass es bisher „nur“ auf einem Fest verteilt wurde und noch kein Preis festgelegt wurde, um der Bewertung nicht vorzugreifen.

PROSPER-RO - Prospektive synergistische Planung von Entwicklungsoptionen in Regiopolen am Beispiel des Stadt-Umland-Raums Rostock

Jannik Schilling, Universität Rostock, stellte das Vorhaben Prosper-Ro vor mit dem integriert regionale Lösungsoptionen unterstützt werden sollen durch die Entwicklung eines GIS-basierten Entscheidungsunterstützungssystems als gemeinsame Daten- und Planungsgrundlage für Experten aus Flächenmanagement, Kreislaufwirtschaft, Wasserwirtschaft ist. Darüber hinaus soll ein einheitlicher ökonomischer Bewertungsmaßstab von Ökosystemdienstleistungen erarbeitet werden. Hierbei seien verschiedene Herausforderungen zu adressieren, etwa in den Bereichen Governance, Datenerfassung und -bereitstellung.

Im Rahmen der Analyse wurde u.a. wegen der Standorte der Wertstoffhöfe und deren realer Nutzung der Untersuchungsraum des Vorhabens angepasst über den ursprünglichen auf administrativen Grenzen basierenden Rahmen hinaus.

Für die Analyse wird methodisch einerseits eine digitale Aufbereitung der Wertstoffhöfe und Analyse des Einzugsgebietes und Abfallaufkommens nach Wertstoffen kategorisiert und dann Werkstoffhöfe bewertet (mittels Workshop zu Anfordergen von Betreibern, zu Wünschen der Bevölkerung und möglichen Unterschieden von Stadt und Land). Der Ermittlung des potentiellen Wertstoffaufkommens wird das tatsächliche Wertstoffaufkommen gegenübergestellt, ermittelt durch Wertstoffhöfe selbst, und mit Erreichbarkeitsanalysen verschnitten auf der Basis von OpenStreetMap Bevölkerungsdichten und Median Geschwindigkeiten.

Im Ergebnis stehe ein interaktives System, dass Pläne und mögliche Veränderungen in Siedlungsgebieten (etwa neue Straßen oder Höfe) zu bewerten helfe.

Block 3: Status Quo und Quo vadis

Status Quo: Gute Fachliche Praxis?

Am zweiten Tag wurde zunächst in Kleingruppen auf Basis der Vorstellungen der Verbundvorhaben und Diskussionen diskutiert und auf Moderationskärtchen festgehalten, ob es zu einem möglichen „Status-Quo: Gute Fachliche Praxis“ klar ableitbare Empfehlungen gäbe und was Knackpunkte bei der Anwendung für Methoden zur Erhebung, Bewertung und Analyse regionaler Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung im Stadt-(Um-)Land-Raum seien.

Die Kleingruppen stellten ihre Ergebnisse im Plenum vor, wo diese gesammelt und diskutiert wurden. Die Empfehlungen und Knackpunkte für die Anwendung von Methoden sind nachfolgend zusammengefasst und geclustert:

Systemansatz / Integration / Abgrenzung

Wichtig ist zunächst eine klare Bestimmung von Systemgrenzen und -bestandteilen. Es gilt zu definieren: Was ist die Regionen? / Was ist ein Regionalprodukt? / Was ist eine regional maßgebliche Wertschöpfung(-skette). Je nach Abgrenzung kann der regionale Bezug von lokal (eine Kommune) bis globale Problemlagen (Klima) betreffen.

Es wurde auch deutlich, dass Wertschöpfungsketten (WSK) zwar in der Theorie linear gut beschreibbar scheinen, oft aber in als Teil von Wertschöpfungsnetzen zu verstehen sind. In anderen Fällen sind WSK nur mit „Lücken“ in der Untersuchungsregion vorhanden.

Von grundsätzlicher Bedeutung und Herausforderung ist die Einbezug von sozialen und andere nicht-marktlichen Leistungen und Wirkungen insb. der Ökosysteme. Auch hier bedarf es einer klaren/transparenten Abgrenzung, wenn eine ganzheitliche Betrachtung nicht gewollt oder nicht möglich ist.

Schließlich ist in diesem Punkt auch nach der Nicht-Verbindung von Wertschöpfungsketten und Governance- bzw. Regulierungsebenen zu fragen. Auch eine Politikrelevanz (über SDGs?) ist im Kontext der systematischen Annäherung zu empfehlen.

Komplexität und Unsicherheiten

Die Vielschichtigkeit und der Detaillierungsgrad stehen häufig in einem Konflikt zum angestrebten Modellcharakter und einem in der Praxis vertretbaren Daten- und Informationsverarbeitungsaufwand für eine Entscheidungsunterstützung.

Als klare Empfehlung kann die Verwendung der Szenarienmethodik genannt werden, um Zielprodukt zu beschreiben und mit verschiedenen möglichen Zukünften umzugehen.

Unsicherheiten und Komplexitäten speisen sich auch aus Multifunktionalitäten (von Ressourcen und Produkten), die deshalb klar benannt und gegebenenfalls eingegrenzt werden sollte (vergleiche vorangehende Empfehlung).
Auch unterschiedliche Wertbeimessungen und Partikularinteressen sowie die Subjektivität tragen zur Komplexität bei. Teilweise wird hinterfragt, ob es grundsätzlich unter-schiedliche Präferenzen zwischen urbanen und ländlichen Bevölkerungsgruppen gibt.

Schließlich entfaltet die Zeit als Dimension eine Unsicherheits- und Komplexitätssteigerung, die nicht zu unterschätzen ist. Zugleich wird aber die Wichtigkeit einer dynamischen Erfassung und Bewertung betont.

Daten

Daten sind essentiell für die Analysen. Problematisch sind jedoch häufig unterschiedliche Datenqualitäten und -verfügbarkeiten, was zu einer erhöhten Unsicherheit beiträgt.

Eine Unmenge an Daten ist regelmäßig mit der kleinräumige Erfassung und Zuordnung verbunden. Die steigenden Kapazitäten der Speicher und Verarbeitung durch Digitalisierung eröffnen jedoch auch Möglichkeiten.

Als Ideal wird die Nutzung standardisierter Sekundärdaten engesehen. Diese sind um Primärdaten zu ergänzen bei Methodeninnovation, etwa über Expert*inneninterviews.

Im Stadt-Land-Kontext besonders herausfordernd ist teils, dass unterschiedliche Produktions- wie Konsummuster in den Teilregionen.

Als Knackpunkt wird die Übertragbarkeit auf andere Branchen und/oder Regionen genannt.

Bewertungsherausforderungen

Vielfältige Bewertungsherausforderungen sind zu beachten und zu adressieren. Diese betreffen die Monetarisierung nicht-marktlicher Leistungen und Güter, die Erfassung und Unterscheidung von Beständen (Stocks) und Strömen (Flows), die Separation und Integration der Betrachtungsebenen von Region, Unternehmen, Projekt und andere, aber auch die Übertragbarkeit von Pilotanwendungen oder Pilotproduktionen sowie die dynamische Betrachtung.

Vor der spezifischen Zielsetzung von Stadt-Land-Plus ist auch der Bezug zum Flächen-druck, zur Ressource Land und zu den internationalen SDGs wie regionalen Nachhaltigkeitszeilen ein Knackpunkt.

Schließlich Bedarf es auch eines Bewusstseins für die Abgrenzung regionaler Wertschöpfungsketten von regionalen ökonomischen Effekte in der Analyse und vor allem der Kommunikation.

Lösungsansätze

Viele Stadt-Land-Plus-Verbundvorhaben zeigen, dass die Akteursbeobachtung, -befragung und -einbindung eine vielversprechende Basis für Akzeptanz und Implementierung sowie für die Gewinnung von Daten sein kann.

Das Verständnis von Wertschöpfungsketten und Potenzialen kann über innovative Methoden im Stadt-Land-Kontext gefördert werden. Herausragende Ansätze der Stadt-Land-Plus-Vorhaben sind das Regionale Wertschöpfungs-Mapping, die integrierte Verbindung von GIS-MFA-LCA-Analysen, die Regionale Wertschöpfungsanalyse sowie die Integration monetarisierter sozialer Kosten (etwa in GuV und EUS).

Modellvorhaben kommt eine Schlüsselrolle zum Test neuer Verfahren zu.
Zugleich wird hervorgehoben, dass für Praxisakzeptanz wie Anwendbarkeit und Effizienz die Nutzung vorhandener Informationen, Daten, Typologien und Standardmethoden zu empfehlen ist – soweit möglich.

Wenn es um die Ressource Land geht, gilt es Flächen zu explizieren. Hierfür wurden einige innovative Ansätze vorgestellt (Flächenanalyse, Flächenrucksack).

Kommunikation, nachvollziehbare Dokumentation, Visualisierung und Transparenz sind entscheidende Knackpunkte für nicht-erfolgreiche Methodiken. Hierzu zählt unter anderem die klare Definition von Systemgrenzen, Wertschöpfungsketten, Werten, Zielgruppen, Analyse- und Systemrahmen. Des Weiteren ist der Zweck einer Methodik zu kären (Entscheidungsunterstützung vs Abschätzung von Umweltwirkungen etc.).

Eine Übertragbarkeit und Dauerhaftigkeit kann durch Nutzung von Open-Source-Systemen unterstützt werden.

Die Verbindung mit Nachhaltigkeitszielen auf lokaler bis internationaler Ebene (SGDs) kann die Politikrelevanz stärken.

Schließlich lautet die Empfehlung, Stadt-Land als „Wertschöpfer“ und nicht passives Objekt der Analyse zu kommunizieren bei der Adressierung von Akteuren in der Region. In diesem Kontext ist auch ein dichotomer Stadt-Land-Ansatz nicht immer sinnvoll. Stadt einer Betonung der Gegensätze und einer in der Praxis oftmals nicht vorzufinden-den Suggestion klarer Separatoren ist eine integrierte Betrachtung der Region zu empfehlen. So ist zu vermeiden, dass die Heterogenität in einer Region als wertend betrachtet wird, wo dies nicht intendiert ist (etwa wenn in der Analyse von Stadt-Land-Gradienten gesprochen wird).

Quo vadis: Zusammenarbeit?

In zwei moderierten Kleingruppen wurden Forschungsbedarfe aus Sicht der beteiligten Vorhaben, insbesondere im Stadt-Land-Nexus, und Interessen zur weiteren Zusammenarbeit zwischen den Vorhaben und gegebenenfalls darüber hinaus erhoben und abschließend im Plenum gesammelt und diskutiert.

Neben verschiedenen bilateralen Ansätzen für einen vertiefenden Austausch zwischen den Verbundvorhaben ergaben sich folgende Themenfelder:

Systematik regionaler Wertschöpfungsanalyse

Als Beitrag zur Entwicklung einer gemeinsamen Sprache, wird die Unterstützung eines gemeinsamen Vokabulars durch die Entwicklung eines Stadt-Land-Plus Glossars/Wiki zur Begriffsklärung zentraler Termini (etwa: Region, Stadt, Wert,) vorgeschlagen. In diesem Kontext wird auch nach einem gemeinsamen Verständnis „Was ist regionale Wertschöpfung“ gefragt.

Die Systematik regionaler Wertschöpfungsbetrachtung ist ein für mehrere Vorhaben interessante Feld.

Die Übertragbarkeit von Methoden auf andere Regionen (Standards und Indikatoren). Für eine Systematik regionaler Wertschöpfung sei auch zu beantworten: Wo stehen wir und wo können wir hinkommen? Wie ist die Frage der Übertragbarkeit? Welche Methodik, woran hängt es und wie kann standardisiert werden?

Zur Unterstützung von Zusammenarbeit und Austausch sollen im Ergebnis des Workshops eine Übersicht über die verschiedenen WSK-Ansätze und zur zentralen Literatur in den Stadt-Land-Plus-Vorhaben erstellt werden.

Akteure adressieren und aktivieren

Großes Interesse gab es zu der Frage, wie Botschaften an politische Akteure gebracht werden und eine Verzahnung von wissenschaftlicher Analyse und Politik gelingen könne.

Auch eine Diskussion von Ansätzen zur Steuerung regionaler Wertschöpfung für Praxisakteure wird von einigen als Austauschthema gewünscht – ebenso wie der Austausch zu Vermarktungskonzepten und Kooperationsmodellen für Akteure.

Zugleich wurde auch die Kommunikation mit Akteuren [in Projekten mit Akteuren vor Ort] thematisiert. Von Interesse war etwa die Frage, wie lassen sich nichtwissenschaftliche Akteure adressieren, um Veränderungen anzustoßen.

Ökobilanz

Zur spezifischen Methodik der Ökobilanzierung wurde Austausch angeboten und angefragt. Systematische Methoden, Parameter und Indikatorenbeschreibung der verschiedenen Ökosystemdienstleistungsbewertungen bilden hier eine wichtige Baustelle.

Nachhaltigkeit – Indikatorik – SDGs

Die Bewertung von „Werten“ wurde teils kontrovers diskutiert. Mit Blick auf die Zielstellung der Fördermaßnahme, wurde interesseiert nach den Möglichkeiten und Grenzen der Indikatorenentwicklung gefragt, etwa in der Form, welches Vorhaben welchen Beitrag zu bestimmten SDGs leisten könne (bezogen auf die Bewertung)

Grundsätzlich sei eine Bestandsaufnahme und Austausch zur Indikatorik von Interesse.

Flächenmanagement und -bewertung

Ein breites Interesse gab es schließlich an der Frage, wie das Thema „Fläche“ Berücksichtigung finden kann. Vielfach ist Flächenmanagement eine Blackbox in den Bewertungsverfahren, nicht zuletzt aufgrund einer nicht hinreichend transparenten oder abgegrenzten Multifunktionalität der Fläche.

Mit Blick auf den Flächenfußabdruck als Weiterentwicklung zu „Ökobilanzierung“ könnten Bewertungsansätze für Fläche systematisch zusammengetragen und Indikatoren aller Vorhaben gesammelt und geteilt werden, um Überschneidungen als Synergien zu nutzen bis hin zu eventuellen Standardisierungspotenzialen.

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